Landsgemeinde 2006

Traktandum 13: Fusion von Einheitsgemeinden

A. Änderung der Verfassung des Kantons Glarus
B. Beschluss über den Ausgleich der unterschiedlichen Vermögens-
verhältnisse bei den sich zusammenschliessenden Gemeinden
C. Ermächtigung

Der Ring hat sich gefüllt.

Hansjörg Stucki
Hansjörg Stucki, Oberurnen, beantragt, die Vorlage abzulehnen. Bereits innert den letzten Jahren seien fünf Gemeinden verschwunden. Es brauche keinen Zwang, sondern die Gemeinden sollten freiwillig den richtigen Weg wählen können. In Oberurnen zum Beispiel brauche es keine Fusion, da die Gemeinde sich selber gut organisiere und mit den umliegenden Gemeinden kooperiere.
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Andreas Kreis
Andreas Kreis, Glarus, beantragt im Namen der Grünen, das Geschäft zurückzuweisen. Anstelle der Reduktion auf 10 Gemeinden soll zuhanden der nächsten Landsgemeinde ein Modell ausgearbeitet werden, das nur noch drei Gemeinden umfasst. In der Ausarbeitung dieser Vorlage sollen die einzelnen Gemeinden besser miteinbezogen werden. Den Grünen geht die Reduktion zu wenig weit, und die Annahme des Zehnermodells würde Fakten schaffen, die eine weitere Reduktion verunmöglichen würde.
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Sergio Haller
Sergio Haller, Glarus, unterstützt im Namen der Jung-Sozialistischen Partei den Antrag der Grünen auf Rückweisung. Auch ihm gehe die Reduktion auf zehn Gemeinden zu wenig weit und sei nur ein überflüssiger Zwischenschritt. Die anzustrebenden drei Einheitsgemeinden würden die drei Regionen des Kantons widerspiegeln und könnten sich gegenseitig die Waage halten. Der Redner betont, dass auch bei drei Einheitsgemeinden die bestehenden Ortschaften ihre Identität behalten würden. Eine Grösse von 10'000 Einwohnern ist nach seiner Ansicht notwendig, um effiziente Gemeindestrukturen zu ermöglichen.
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Kurt Reifler
Kurt Reifler, Ennenda, beantragt, drei Einheitsgemeinden per 1. Januar 2011 zu bilden. Diese sollten aus Glarus Mitte (Glarus, Riedern, Netstal, Ennenda), Glarus Nord (alle Gemeinden nördlich davon) und Glarus Süd (alle Gemeinden südlich) bestehen. Das würde drei Gemeinden mit 10'000 bis 16'000 Einwohnern ergeben, die erst noch den drei bestehenden Planungsregionen entsprächen. Damit würden kurze Wege und ein intakter Service Public gesichert.
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Peter Straub, Schwändi, stellt den Antrag, über das Geschäft an der Urne abzustimmen, damit auch ältere und kranke Personen ihr Stimmrecht ausüben könnten. Der Antrag wird als unzulässig erklärt.
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Marc Eigenmann
Marc Eigenmann, Glarus, ergreift das Wort als junger Einwohner des Kantons Glarus und unterstützt den Antrag des Landrates und der Regierung; also ein Ja zum Zehnermodell. Auch in der Privatwirtschaft würden Strukturen den neuen Gegebenheiten angepasst, warum auch nicht in den politischen Körperschaften. Eine Zusammenlegung bringe für alle einen Zusatznutzen, allein zum Beispiel bei den Öffnungszeiten der Ämter. Zudem sei das Sparpotentiel enorm. In dieser Strukturreform gehe es aber auch um schlanke, agile Strukturen für sämtliche Einwohner, die den zukünftigen Anforderungen gerecht würden. Auch könnten unzählige Probleme gelöst werden. Er erwähnt das Beispiel der Gemeinde Schänis, wo auch drei Weiler fusioniert haben.
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Ernst Menzi
Ernst Menzi, Filzbach, stellt den Antrag, die Vorlage abzulehnen. Er meint, der Kanton Glarus kränkle schon seit längerer Zeit. Mit einer Strukturreform könne man dies jedoch nicht heilen. Als Wohn- aber auch als Industriekanton sei Glarus ein guter Standort. Warum es trotzdem keine Neuansiedlungen gebe, dann deshalb, weil zum Beispiel das Pendeln zu kompliziert sei. Dort müsse man ansetzen. Das Sparpotential, das es durch die Reform gebe, sei in Tat und Wahrheit nicht so hoch wie im Memorial angegeben, weil es nämlich zahlreiche Personen gebe, die deswegen ihre Stelle verlieren würden. Die Reform nütze niemandem. Die Regierung wolle nur vom eigentlichen Problem, dem Mangel an Arbeitsplätzen, ablenken.
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Hans-Jörg Marti
Hans-Jörg Marti, Nidfurn, stellt den Abänderungsantrag, es seien 7 Einheitsgemeinden zu machen. Ziel dieser Änderung seien einfachere Strukturen und tiefere Kosten. Sieben Gemeinden würden viele Vorteile bringen, seien dies solche im finanziellen Bereich, oder auch zum Beispiel bei den Bauzonen. Heute müssten wir Aufgaben gemeinsam lösen, nur so hätten wir eine Chance als geschlossene Einheit wahrgenommen zu werden und damit auch wieder bessere Chancen, im Standort-Wettbewerb zu bestehen. Er spricht vom Sparpotential beim Siebner-Modell, das grösser sei als bei zehn Einheitsgemeinden.
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Beat Noser
Beat Noser, Oberurnen, stellt den Antrag auf Ablehnung. Er begründet dies mit «Zwang und Kosten». Die Bürgerinnen und Bürger der einzelnen Gemeinden seien die Eigentümer der Gemeinde-Ressourcen. Sie hätten das Recht darüber abzustimmen, und nicht die Landsgemeinde. Der Vorschlag für zehn Einheitsgemeinden sei eine taktische Lösung und bringe nichts. Die Zusammenlegung der Gemeindekassen bringe auch keine wirkliche Verbesserung, denn das Defizit zum Beispiel der Gemeinde Glarus werde zwar etwas kleiner, bleibe jedoch grundsätzlich bestehen. Die vorgeschlagene Lösung sei nicht nachvollziehbar, und wenn doch, dann müssten viel grössere Einheiten gebildet werden. Zudem entstünden auch hohe Kosten für die Fusionierung; nicht nur Einsparungen.
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Jakob Etter
Jakob Etter, Gemeindepräsident von Mitlödi, beantragt eine Ablehnung der Wohngemeinde. Die Reduktion auf 25 Gemeinden sei bereits ein grosser Schritt für den Kanton, den es erst zu verdauen gebe. Ihn stört in der Vorlage auch die Bestimmung, dass der Regierungsrat faktisch ein wesentliches Mitspracherecht erhalte, wie die Aktiven der Gemeinden eingesetzt werden sollen. Er fragt sich, welche Kompetenzen die Gemeinden bei einer Annahme der Vorlage noch wahrnehmen könnten.
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Landrat Emil Küng
Landrat Emil Küng, Obstalden, Mitglied der landrätlichen Kommission, beantragt die Zustimmung. Am Beispiel des Schulwesens erläutert er die Vorteile der Gemeindefusion. 16 der 25 Einheitsgemeinden könnten bereits heute aufgrund der Einwohnerzahlen und Geburtenraten sinnvollerweise keine eigenen Schulen mehr führen.
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Ganda Schenk
Ganda Schenk, Oberurnen, beantragt die Ablehnung der Vorlage. Sie bezweifelt, dass durch die Fusion Kosten eingespart werden könnten. Weiter stört sie, dass die Fusionen mit Zwang durchgesetzt würden. Dies sei undemokratisch. Drittens hat sie Angst, dass die Gemeinden durch die Regierung unter faktische Vormundschaft gestellt würden.
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Martin Landolt Landrat und Kommissionspräsident Martin Landolt, Näfels, verteidigt die Vorlage und fordert die Landsgemeinde auf, mutig zu entscheiden. Die Gemeinden hätten die Chance zur freiwilligen Fusion verpasst, und nun sei es an den Bürgern, für den Kanton zukunftsträchtige Strukturen zu schaffen. Die erwarteten Kosteneinsparungen seien realistisch und fundiert. Er appelliert an die gemeinsamen Ziele des Kantons und hinterfragt, ob die heutigen Gemeinden tatsächlich so andere Bedürfnisse hätten, dass sie nicht kooperieren könnten. Es brauche eine ganzheitliche Betrachtung, deshalb sei es auch gerechtfertigt und sehr wohl demokratisch, wenn die Landsgemeinde über diese Frage befinde.

Marianne Dürst Marianne Dürst, Regierungsrätin, erinnert daran, wie unsere Gemeindelandschaft entstanden ist: zuerst mit Tagwen, danach - vor 120 Jahren - kamen die Schulgemeinden dazu. Die Gemeinden des Kerenzerberges seien sogar einmal eine Wahlgemeinde gewesen und so weiter. Sie sagt weiter, dass sich jede Gesellschaft ihre Strukturen gebe und wir stünden im Wettbewerb mit unseren Nachbarkantonen. Ob wir einen Dorfladen hätten, sei keine Frage der Gemeindestruktur, dies sei eine Frage des Einkaufsverhaltens jedes einzelnen. Die Dörfer, so Dürst weiter, blieben ja bestehen. Grössere Gemeinden gäben mehr Sicherheit, dass die bestehenden Infrastrukturen auch in Zukunft intakt bleiben würden. Jetzt sei die Zeit gekommen, um zusammen zu stehen und so etwas zu schaffen, das auch unseren Kindern eine Zukunft garantiert.
Darum geht es:

Die zweite der drei Vorlagen des Projekts Gemeindestrukturreform befasst sich mit der Fusion zu grösseren Gemeinden. Es sollen nicht nur die Gemeindestrukturen mit vier unterschiedlichen Gemeindearten mit der Bildung von Einheitsgemeinden vereinheitlicht werden, sondern auch die vielen, eine kritische Grösse ausweisenden Gemeinden zu grösseren Einheiten zusammengelegt werden.

Für die verschiedenen Behördenämter wird es immer schwieriger, qualifizierte Personen zu finden. Viele Gemeinden, insbesondere die Schulgemeinden, befinden sich wie der Kanton in finanzieller Schieflage.

Folgende Ziele werden mit dem Zusammenschluss verfolgt:

  • Stärkung des Kantons und seiner Gemeinden im Standortwettbewerb mit umliegenden Kantonen und deren Gemeinden;
  • Stärkung der Gemeinden für die Bewältigung der Aufgaben;
  • Verbesserung der Rekrutierung der Behördenmitglieder;
  • Vereinfachung der komplexen Gemeindestrukturen;
  • Stärkung der finanziellen Basis der Gemeinden;
  • Einsparungen.

Schlanke Strukturen, starke Gemeinden, gesunde Finanzen, eine offene Kultur und eine nachhaltige Entwicklung würden die Wettbewerbsfähigkeit des Kantons deutlich erhöhen. Eine grundlegende Reform der Gemeindestrukturen kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten. Es sollen das Sozial- und Vormundschaftswesen kantonalisiert (§ 14) und zehn starke Einheitsgemeinden - wobei weitere Zusammenschlüsse möglich sind - geschaffen werden:

  1. Bilten, Niederurnen und Oberurnen
  2. Näfels
  3. Mollis
  4. Filzbach, Obstalden und Mühlehorn
  5. Netstal
  6. Glarus und Riedern
  7. Ennenda
  8. Mitlödi, Sool, Schwändi, Schwanden und Haslen
  9. Luchsingen, Betschwanden, Rüti, Linthal und Braunwald
  10. Engi, Matt und Elm

Um die unterschiedlichen Vermögensverhältnisse der Gemeinden auszugleichen, wird mit dem Beschluss über den Vermögensausgleich ein Betrag von 16 Millionen Franken zur Verfügung gestellt. Der Landrat soll diesen Betrag um maximal 2 Millionen Franken aufstocken können. Die Mittel sind zu verwenden:

  • Ausgleich der Bilanzfehlbeträge in erster Priorität;
  • Ausgleich der Nettoschulden in zweiter Priorität; der Maximalbetrag pro Gemeinde wird auf 25 Prozent des zur Verfügung stehenden Gesamtbetrages resp. auf 4 Millionen Franken beschränkt.

Die Vorlage war umstritten. Während die Gegner generell gegen Zwangsfusionen opponierten, für Freiwilligkeit eintraten oder andere Zusammenschlussmodelle vorschlugen, betonten die Befürworter die Notwendigkeit grösserer Gemeinden, um schlankere, effizientere und kostengünstigere Strukturen zu schaffen und so einen Beitrag an die finanzielle Gesundung von Kanton und Gemeinden leisten zu können. Der Landrat stimmte nach intensiver Beratung dem Zehner-Modell und der Gesamtvorlage Gemeindestrukturreform mit klarer Mehrheit zu.

Der Landrat beantragt der Landsgemeinde, der Fusion zu zehn Einheitsgemeinden per 1. Januar 2011 zuzustimmen und den Beschluss über den Vermögensausgleich anzunehmen.

Auszug aus Memorial (pdf-Datei 131 KB)

Vollversion Memorial (pdf-Datei 1,2 MB)


Beschluss

1. Abstimmung:
Eintreten (Landrat) oder Rückweisung (Grüne und SP):
Ja zu Eintreten

2. Abstimmung:
Abänderung zu Art 148; Antrag Hans-Jörg Marti (Näfels und Mollis zusammen):
gemäss Landrat, Näfels und Mollis je einzeln

3. Abstimmung
Netstal, Glarus, Riedern und Ennenda zusammen führen gemäss Hans-Jörg Marti:
Angenommen

4. Abstimmung:
Bereinigtes 10er-Modell gegenüber dem 3er-Modell:
Ja zum 3er-Modell

Schlussabstimmung:

Punkt A:
Zustimmung zum 3er-Modell: Ja

Die Punkte B und C waren unbestritten, deshalb im Sinne des Landrates.

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