Traktandum 7: Antrag betreffend Einführung Stimmrechtsalter 16

Peter Fluri, Netstal Paul Fluri, Netstal, zählt diverse Missstände im Jugendbereich wie Alkohol-, Drogen- oder Tabakmissbrauch sowie Vandalismus auf und stellt die Frage, ob solchen Leuten das Stimmrecht gewährt werden soll. Nach Aufforderung des Landammans einen Antrag zu stellen, fordert er, das Stimm- und aktive Wahlrecht auf 19 und das passive auf 20 Jahre zu erhöhen.
Michael Pesaballe Michael Pesaballe, Oberurnen, stellt im Namen der Juso Glarnerland den Abänderungsantrag, nur das aktive Wahlrecht ab Alter 16 einzuführen. Sie folgen damit dem Gegenvorschlag der Regierung. Pesaballe fragt die Landsgemeinde, was denn gegen eine Senkung des Stimmrechtsalters spreche. Die Jugend repräsentiere die Zukunft des Kantons und solle die Gelegenheit haben, bei Vorlagen mitreden zu dürfen, die sie unmittelbar oder mittelbar betreffen. Die Gemeindefusion, die in der ganzen Schweiz als vorbildlich gelte, sei nicht zuletzt dank der Jugend möglich geworden. Er appelliert, der Pioniergeist der Landsgemeinde solle weiter leben.
Cécil Schefer, Niederurnen Cécil Schefer, Niederurnen, unterstützt den abgeänderten Memorialsantrag, mit dem Argument, dass interessierte Jugendliche die Möglichkeit haben sollten, die zukünftige Entwicklung mitzubestimmen und dadurch ein Gegengewicht zur alterndenen Bevölkerung zu setzen. Die Jugendlichen seien zu einer eigenständigen Meinungsbildung durchaus in der Lage.
Esther Curiger, Mollis

Esther Curiger, Mollis, führt das Beispiel des Glarner Skateparks ins Feld. Dort hätten 14- bis 16jährige mit viel Initiative innert zwei Jahren ein Grossprojekt realisiert, welches viele nicht für möglich gehalten hätten. Nach einem allgemeinen Exkurs zu den Schwierigkeiten von Jugendlichen regt sich im Ring Unmut. Der Landammann fordert die Rednerin auf, sich angesichts des starken Regens auf die wichtigsten Argumente zu beschränken. Sie findet, den Jugendlichen sei noch mehr Zeit zu geben um sich zu finden und spricht sich gegen das Stimmalter 16 aus.

Myrta Giovanoli, Ennenda Myrta Giovanoli, Ennenda, im Namen der Grünen Partei des Kantons Glarus unterstützt sie den Antrag von Michael Pesaballe. So setze man ein Zeichen, dass die Anliegen der jungen Leute Ernst genommen werden. Zudem sei davon auszugehen, dass das politische Interesse zunehmen werde, wenn man ihnen die Möglichkeiten dazu gebe. Politik wäre so keine theoretische Übung in den Schulen mehr sondern Praxis. Das Stimmrechtsalter 16 sei die beste Imagewerbung für den Kanton. "Wir können nichts verlieren, nur gewinnen."

Donato Colluto, Schwanden Donato Colluto, Schwanden unterstützt den Antrag von Michael Pesaballe. "Warum sollten 16-Jährige zu unreif sein", fragt er. Das Stimmrechtsalter 16 führe zur Reifung der Jugendlichen. "Nirgends lernt man Politik so gut wie im Landsgemeindering."
Landrat Peter Rufibach Landrat Peter Rufibach, Riedern erinnert an die Einführung des Frauenstimmrechts und appelliert an die Solidarität der Frauen. Das Stimmrechtsalter 16 führe zu einer besseren Durchmischung bei politischen Entscheiden. Man dürfe jetzt nicht stur sein.
Sandra Forrer, Elm Sandra Fuhrer, Elm, unterstützt den Antrag der Jungsozialisten. Sie erzählt aus eigener Erfahrung, dass Jugendliche mit 16 mit der Wahl der Lehrstelle zum ersten Mal Verantwortung für die eigenen Entscheide übernehmen müssten. In diesem Alter sei einem die Tragweite der eigenen Entscheide durchaus bewusst. Zudem eröffne eine Senkung des Stimmrechtsalters der Jugend ein "learning by doing" der Politik. Es sei eine Bereicherung für den Kanton, wenn sich Jugendliche am politischen Leben beteiligten.
Kurt Reifler, Ennenda Kurt Reifler, Ennenda, beantragt ebenfalls die Annahme des Stimmrechtsalters 16. Es gehe darum, den Jungen Vertrauen zu schenken, denn diese würden dieses verdienen. Eine Ablehnung würde bedeuten, dass Jugendlichen verunmöglicht würde, Verantwortung für die Zukunft des Kantons zu übernehmen.
Markus Weber, Ennenda Markus Weber, Ennenda, spricht in kurzen Worten gegen die Senkung des Stimmrechtsalters. Er sei selbst ein Junger, aber angesichts der Probleme der Jugendlichen wie Kriminalität und Alkoholmissbrauch sei die Senkung nicht angebracht.
Walter Lacher, Glarus

Kommissionspräsident Walter Lacher, Glarus, sagt, dass der Antrag Flury sowie der Antrag Pesaballe abzulehnen seien. Er gibt unter anderem zu bedenken, dass die meisten Gemeinden wie auch teilweise Jungparteien das Stimmrechtsalter 16 ablehnen.

Regierungsrätin Marianne Dürst

Regierungsrätin Mariannne Dürst ruft dazu auf, dem Gegenvorschlag der Regierung zuzustimmen. Es sei eine Frage des Vertrauens in unsere Jugend. "Demokratie ist lernbar, wo lässt sie sich besser lernen als hier in unseren Kanton". So könne eine Brücke zwischen Staatskundeunterricht und der Praxis geschlagen werden. "Das Stimmrechtsalter 16 wird früher oder später kommen. Warum nicht heute hier im Ring? Trauen Sie den Leuten etwas zu."




Die Vorlage im Überblick

Der im Juli 2005 eingereichte Memorialsantrag der JUSO Glarnerland verlangte, es sei das aktive und passive Stimmrecht ab dem 16. Altersjahr auf Kantons- und Gemeindestufe zu gewähren. Der Regierungsrat beantragte dem Landrat mit einem Gegenvorschlag, der Landsgemeinde die Herabsetzung des Mindestalters für das aktive Stimm- und Wahlrecht auf 16 Jahre zu unterbreiten und für die Wählbarkeit in politische und richterliche Behörden (passives Wahlrecht) das Mindestalter von 18 Jahren beizubehalten. Dies ermögliche den interessierten Jugendlichen in die politischen Prozesse hineinzuwachsen und ihre Zukunft mitzugestalten. Auch würde damit die an der Landsgemeinde 2006 gerade bei der jungen Generation spürbare Aufbruchstimmung aufgenommen; hingegen wäre mit dem Beibehalten der Altersgrenze 18 beim Recht, in eine Behörde gewählt zu werden, der zivilrechtlichen Mündigkeit Rechnung zu tragen.

Das Ergebnis der Vernehmlassung bei Gemeinden, politischen Parteien und Verbänden war kontrovers. Die Gemeinden lehnten überwiegend Memorialsantrag und Gegenvorschlag ab. Die Parteien hingegen zeigten ein sehr breites Meinungsspektrum.

Die vorberatende landrätliche Kommission und der Landrat sprachen sich gegen den Memorialsantrag und gegen den regierungsrätlichen Gegenvorschlag aus. Überwiegend herrschte die Meinung vor, dass die Mehrheit der betroffenen Jugendlichen das Stimmrechtsalter 16 weder wolle noch als wichtig erachte. Das Unterscheiden von zivilrechtlicher und politischer Mündigkeit sei künstlich und verkompliziere die politischen Abläufe. Auch fehle es der Altersgruppe der 16- bis 18-Jährigen an Lebenserfahrung und Reife, was die Gefahr einer Beeinflussung beinhalte.

Der Landrat beantragt der Landsgemeinde, den Memorialsantrag zur Einführung des Stimmrechtsalters 16 abzulehnen.

Auszug aus dem Memorial (pdf-Datei 68 KB)
Vollversion Memorial (pdf-Datei 3.4 MB)


Beschluss

Die Senkung des aktiven Wahlrechtsalters wird angenommen. Die Abstimmung fiel äusserst knapp aus. Der Landammann bat deshalb die Mitglieder der Regierung aufs Rednerpult, um ihn bei der Zählung der Stimmen zu unterstützen. Zuvor war die Erhöhung des Stimmrechtsalters auf 19 Jahre in der Eventualabstimmung klar verworfen worden.