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Landsgemeinde 1999
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Traktandum 1

Die Rede des Landammans

Darum geht es

Eröffnung (Memorial Seite 3)

Die Landsgemeinde wird durch den Landammann mit einer Rede eröffnet. Die stimmberechtigten Männer und Frauen werden hierauf den Eid zum Vaterland schwören.

Rede Landsgemeinde 1999 (Gekürzt)

Hochgeachteter Herr Landesstatthalter.
Hochgeachtete Damen und Herren der administrativen und richterlichen Behörde.
Hochvertraute, liebe Mitlandleute.

Die Landsgemeinde ist im glarnerischen Polit-Geschehen nach wie vor Höhepunkt und Mittelpunkt zugleich. Zusammen mit den Appenzellern aus Innerrhoden sind wir nun die einzigen, welche die wichtigsten politischen Entscheide, sei es in der Verfassungsgebung, in der Gesetzgebung oder in Sachgeschäften, auf diesen Tag konzentrieren.

In Freiheit und ungezwungen und ungehindert haben wir uns einmal mehr im Ring zu Glarus versammelt. Verschiedene Ereignisse in Europa und darüber hinaus zeigen jedoch, dass auch am Ende dieses Jahrhunderts leider Unterdrückungen, Vertreibungen, Gewalt und Kriege noch immer das Tagesgeschehen prägen. Die Grausamkeiten treffen Menschen, reissen Menschen auseinander, bringen Schmerz und Leid, Not und Elend. Die kriegerischen Ereignisse in Ex-Jugoslawien, die Auseinandersetzungen zwischen den türkischen und kurdischen Völkern, die Bürgerkriegszustände in Sri Lanka und das Verhalten totalitärer Regimes anderswo haben ihre Auswirkungen bis zu uns. Die Tragödien für diese betroffenen Menschen werden zu Herausforderungen für unser Land.
Mit Genugtuung darf festgestellt werden, dass das Schweizer Volk, gerade auch im Zusammenhang mit der Not der Vertriebenen aus Kosovo, seine humanitäre Einstellung nicht verloren hat. Die Hilfe, welche mit unseren Mitteln vor Ort und für die Flüchtlinge bei uns geleistet wird, ist eine unabdingbare Hilfe für die Betroffenen. Sie dient aber auch uns, denn Ziel all dieser Unterstützungen muss doch sein, den geflüchteten Menschen wieder eine Zukunft in ihrer angestammten Heimat zu ermöglichen. Der Krieg vertreibt die Leute, die wirtschaftliche Not ebenso. Flucht und Auswanderung im grossen Umfang geschehen nur, wenn man dazu genötigt wird. Ist die Basis zum Leben im eigenen Land zu schmal geworden, dann ist die Versuchung gross, dort einen Neubeginn zu wagen, wo die Zukunft verheissungsvoller zu werden verspricht. Dank westlicher Unterstützung hat sich die wirtschaftliche Situation vielerorts gebessert. Demokratische Gepflogenheiten haben ebenfalls mancherorts eine Festigung erfahren und zur Beruhigung beigetragen. Dennoch sind auch am Ende dieses Jahrhunderts und am Beginn des neuen die wohlhabenden Nationen weiterhin verpflichtet, ihren Teil beizutragen, dass nicht die einen immer ärmer und die anderen immer reicher werden. Dies ist im übrigen eine Verpflichtung, welche innerhalb der Gesellschaft in den Industriestaaten genauso gilt wie in der ganzen Weltgemeinschaft.
Die Beispiele von Gewalt und Krieg zeigen, dass sich auch Geschehnisse weit weg auf uns auswirken. Unser Land ist längst nicht mehr und immer weniger die Insel, welche für sich alleine Geschichte machen kann. Wir sind in die fortschreitende Vernetzung eingebunden. Die wirtschaftliche und politische Globalisierung erfasst auch uns. Wohl sind die staatlichen Grenzen vorhanden, viele Entwicklungen machen aber vor ihnen keinen Halt. Die Verschiebung der Macht von der Politik zur globalisierten Wirtschaft wird immer erkennbarer. Die Politik ist darum weiterhin und verstärkt gefordert. Sie hat jene Rahmenbedingungen zu schaffen, welche der Wirtschaft ermöglichen, sich zu entwickeln, stark zu bleiben und Wertschöpfung zu erzielen. Die Politik ist aber ebenso gehalten, Regeln zu formulieren, die weder eine rücksichtslose Ausbeutung und Zerstörung der Natur, noch den Verlust menschlicher Werte und das Fördern von Ungleichheiten zulassen.

Hochvertraute, liebe Mitlandleute.
Es sind aber nicht nur die negativen Geschehnisse und die glücklicherweise hin und wieder auch positiven Feststellungen aus der weiten Welt, welche in unserem Land die beherrschenden Themen sind. Auch national liesse sich eine lange Liste von Erfreulichem und Unerfreulichem aus allen Lebensbereichen erstellen. Der Flugzeugabsturz vor Halifax, das schwerste Unglück in der Geschichte der Swisssair, löste im ganzen Land Bestürzung und Trauer aus. Die Anteilnahme der Bevölkerung an der Trauer der Angehörigen war gross. Auch die immer fortschreitende Technik bewahrt uns leider nicht gänzlich vor solchen menschlichen Tragödien. Der Mensch in seinem Tun kann Fehler begehen. Die Technik garantiert auch nicht absolute Sicherheit. Und den Mächten der Naturgewalten stehen wir oft hilflos gegenüber. Die Finanzfragen der öffentlichen Hand sind auch in den letzten zwölf Monaten ein wichtiges Thema geblieben. Die Kantone haben ihre Aufgaben diesbezüglich vielfach gemacht. Auf Bundesebene ist die Sanierung eingeleitet. Der Konsens am runden Tisch und das Ja des Schweizervolkes zum Haushaltziel 2001 sind Voraussetzungen zur Verbesserung. Die Ziele werden aber auf allen staatlichen Ebenen nur erreicht, wenn das Notwendige vor dem Wünschbaren Vorrang hat.
Die positive Konjunkturentwicklung und damit die verbesserte Beschäftigungslage tragen zur aufgeheiterten Finanzlage bei, Börsenboom und Gewinnmaximierungen ebenso. Die Schwächungen des Weltmarktes und die Börsenturbulenzen zeigen aber auch die gestiegene Verletzlichkeit auf und sind ein weiteres Indiz unserer globalisierten Welt zu der auch die Schweiz gehört.
Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, dass die Zustimmungen des Schweizervolkes zur leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe und zur Finanzierung des öffentlichen Verkehrs positive Wirkungen für den Abschluss der bilateralen Verhandlungen ausgeübt haben. Was schon angetönt worden ist, ist an dieser Stelle zu wiederholen: Die Schweiz ist Teil Europas und kann sich so weder politisch noch wirtschaftlich den Verflechtungen einfach entziehen. Sämtliche Kantonsregierungen haben den erfolgreichen Abschluss der bilateralen sektoriellen Abkommen mit der EU begrüsst und den Abkommen zugestimmt. Sie sind sich dabei bewusst, dass die Umsetzung nicht nur Bundesrecht berührt, sondern vielfach Auswirkungen auch auf die Kantone hat. Sie haben darum auch ganz besonders gefordert und erwarten dies sowohl vom Bundesrat wie vom Bundesparlament, dass die Anliegen der Kantone ernst genommen, dass die Kantone bei den Umsetzungsvorbereitungen mitbestimmend einbezogen und die Kantone als die wichtigsten Partner des Föderalismus dementsprechend behandelt werden. Trotz Abseitsstehen der Glarner hat vor zwei Wochen die Mehrheit von Volk und Ständen der Verfassungsvorlage zugestimmt. Die neue Verfassung, man spricht auch von der nachgeführten Verfassung, hat Fehlendes aufgenommen, Ueberholtes eliminiert und teilweise neue Grundlagen geschaffen. Es ist dem Werk zugestimmt worden, soweit dies angesichts der doch weit auseinanderliegenden Vorstellungen derzeit überhaupt möglich war. Damit ist Ordnung in die Verfassung gebracht und die Grundlagen sind festgehalten, auf denen sich unser Staat weiterentwickeln und mit denen er sich den Anforderungen des bald anbrechenden neuen Jahrhunderts stellen kann. Und wenn wir an der Zukunftsgestaltung mitarbeiten wollen, dann dürfen wir uns nicht als schmollende Sonderbündler verhalten. Auch ein alteidgenössisches Glarus bringt nichts. Ideen einbringen und Anregungen machen wird auch im Jahr 2000 und darüber hinaus gefragt sein.

Hochvertraute, liebe Mitlandleute.
Zu den glarnerischen Wirtschaftsmeldungen der vergangenen Monate gehörten solche über Eröffnungen und Schliessungen, über Machtkämpfe und Turbulenzen. Die herausragenden Stichworte: Schliessung der Bebié Linthal, das Ringen um die Netstal AG, die Visana-Turbulenzen, wie weiter mit den Mineralquellen Elm, der Start zur Erdgaserschliessung und die Gründung des Technologiezentrums Linth.
Die Aufzählung zeigt zweierlei: Wirtschaftlich sind die Glarner nie abgeschlossen gewesen. Vom Handel weit über die Schweizer Grenzen hinaus lebt unser Kanton schon seit langem. Eigenes Dazutun war aber auch immer glarnerische Tugend.
Schnee, Schnee und nochmals Schnee, er fiel in solchen Mengen und so andauernd, wie wir es schon lange nicht mehr erlebt haben. Zahlreiche Lawinen mit teils verheerenden Zerstörungen waren die Folge. Die seit Jahren getroffenen baulichen Massnahmen, aber auch die klugen und vorausschauenden Anordnungen der Verantwortlichen in etlichen Gemeinden und auf Kantonsebene haben wohl Schlimmeres zu verhindern vermocht. Kaum waren wir wegen des Schnees aus den Schlagzeilen, kamen die Erd- und Felsstürze von Braunwald nach Rüti. Die Schäden sind auch hier enorm, belastender ist jedoch die Ungewissheit über die weitere Entwicklung im Rutschgebiet und deren Auswirkungen. Der Schnee und die Rutsche haben viele Verantwortliche und mit ihnen unzählige Helferinnen und Helfer gefordert. Für den grossen Einsatz in nicht leichten Situationen gehört allen der beste Dank.
Nach der Bestellung aller Behörden auf Kantons- und Gemeindeebene ist seit dem 1. Juli 1998 die Personal- zugunsten der Sachpolitik wieder in den Hintergrund gerückt. "Kantonale Sachpolitik ohne viel Turbulenzen" hat es am 31. Dezember in der Zeitung geheissen. Der Wunsch nach Turbulenzen besteht sowieso nicht, und allenfalls solche zu vermeiden ist eine Aufgabe, um deren Lösung wir uns auch bemühen. „Keine Turbulenzen“ soll aber nicht gleichbedeutend sein mit „keine Auseinandersetzungen“. Die Schwerpunkte der Legislaturplanung mit der Verwaltungsorganisation, einem neuen Personalrecht, mit total revidiertem Steuergesetz und Schulgesetz, die Lösung der Finanzausgleichsproblematik und die Suche nach der allen zusagenden Umfahrungsstrecke Glarner Unter- und Mittelland werden wohl einschliesslich der Behandlung an den kommenden Landsgemeinden bestimmt zu einigen Diskussionen führen.
Bevor wir uns aber der Behandlung der diesjährigen Landsgemeindegeschäfte zuwenden, geziemt es sich noch, eines Mannes zu gedenken, der über Jahrzehnte hinweg im öffentlichen Leben unseres Kantons eine prägende Rolle spielte. Am 18. Januar dieses Jahres ist Dr. Alfred Heer verstorben. Auf unnachahmliche Art und Weise hat er der Öffentlichkeit als Gerichtspräsident, Landrat, Nationalrat und vor allem seiner Stadt Glarus als Gemeindepräsident gedient. In all diesen Ämtern hat er wegweisende Anstösse eingebracht, Lösungen zu Weiterentwicklungen aufgezeigt und entscheidungsfreudig Beschlüsse gefasst. Für sein Wirken wollen wir dankbar sein und ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

Hochvertraute, liebe Mitlandleute.
Anlässlich der Feier zum Empfang seiner Nachfolgerin Ruth Metzler hat der vor zwei Tagen abgetretene Bundesrat Arnold Koller folgende Worte zur Landsgemeinde gebraucht: "Die Landsgemeinde, wo demokratisches Wählen und Abstimmen zugleich Gemeinschaftserlebnis ist, wo die persönliche Verantwortung der Regierenden gegenüber dem Landvolk jedes Jahr Aug in Aug neu zu übernehmen ist, wo eine Herausbildung einer fremden "Classe politique" undenkbar und wo die Einführung der Jungen in die Politik zugleich eine Feier, wenn nicht gar ein Fest ist, bleibt eine, wenn auch immer seltener werdende Schule der Nation. Heute, wo wir soviel von politischem Desinteresse vieler Bürgerinnen und Bürger, von schwindendem Verantwortungsgefühl der Regierenden und mangelndem Dialog zwischen Volk und Regierung sprechen, bleibt die Landsgemeinde der Garant einer bürgernahen, verantwortungsbewussten Politik."

In diesem Sinne und Geist wollen wir auch heute mindern und mehren.

Ich bitte für Land und Volk von Glarus um den Machtschutz Gottes und erkläre die Landsgemeinde 1999 als eröffnet.

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